Wie können KI und Automation Menschen in der Luftfahrt unterstützen?

Shownotes

Werden Künstliche Intelligenz (KI) und Automation die Luftfahrt umkrempeln? Welche Prozesse am Boden und in der Luft können dadurch beschleunigt oder verbessert werden und welche Rolle spielen Datenauswertung und KI auf dem Weg zu einer klimafreundlicheren Zukunft der Branche? Der Sicherheitspilot und ehemalige Lufthansa Airlines CEO Klaus Froese und der Senior Director Digital Operations Optimization Christian Most beleuchten Chancen und Grenzen von KI in der Luftfahrt und erklären, inwieweit KI bei Lufthansa Airlines bereits eingesetzt wird. Werden KI-gestützte Flugzeugtechnologien auch ins Cockpit vordringen? Airbus CTO Sabine Klauke erläutert die Vision der Industrie für die Luftfahrt der Zukunft. Und Lufthansa Airlines CEO Jens Ritter macht klar, dass der Mensch das letzte Wort hat: „KI ist Stütze, aber nicht Entscheider.“

Lufthansa Airlines Podcast „Above & Beyond“

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KF] Der Pilot soll im Zentrum des Geschehens bleiben. Aber er soll bestmöglich unterstützt werden.

[CM] Die KI macht nie etwas von alleine. Es ist immer der Mensch, der ein Werkzeug an die Hand bekommt, um seine heutige Tätigkeit besser zu machen.

[VO] Above and Beyond– der Podcast der Lufthansa Airlines. Für Einblicke in die Luftfahrt.

[LR] Es gibt ein Zauberwort, das derzeit vor keinem Bereich unseres Lebens und Arbeitens Halt macht: Das ist KI, künstliche Intelligenz. Auch die Luftfahrtbranche stellt sich natürlich die Frage: Welche Chancen bieten KI und Automatisierung für den Boden- und Flugbetrieb? Und was sind eigentlich die Risiken? Ich bin Lisa Ruhfus und hier in der Frankfurter Verkehrszentrale IOCC, dem Integrated Operations Control Center, mit zwei Experten der Lufthansa, Klaus Froese und Christian Most. Hallo zusammen, herzlich willkommen hier bei unserem Podcast!

[CM] Hallo Lisa!

[KF] Hallo!

[LR] Ich will mit euch über Gegenwart und Zukunft von KI und Automatisierung in der Luftfahrt sprechen, speziell über den Einsatz bei der Lufthansa. Klaus Froese hatte schon viele Vorstandsposten innerhalb der Lufthansa Group inne, war bis 2022 Vorstandsvorsitzender der Lufthansa Airlines. Jetzt ist er immer noch aktiv als Sicherheitspilot. Und Christian Most ist als Senior Director Digital Operations Optimisation Lufthansa Group unter anderem dafür zuständig, Prozesse des Flug- und Bodenbetriebs durch Digitalisierung effizienter und nachhaltiger zu machen. Habe ich das so richtig zusammengefasst?

[CM] Vollkommen.

[LR] Ich habe mich gefragt, was ein Sicherheitspilot eigentlich ist, Klaus?

[KF] Der Sicherheitspilot ist eigentlich eine Organisation.

[LR] Ja?

[KF] Also mein Team ist fast 100 Leute stark; und was wir jeden Tag tun, ist, dass wir für unseren Betrieb, sogar für unser Unternehmen, Risiken identifizieren, die aus dem Fliegen heraus entstehen. Risiken kann man messen, Risiken kann man managen. Und das so zu tun, dass am Ende unser Flugbetrieb so sicher ist, wie er ist, dafür Vorschläge zu erarbeiten, Kultur zu entwickeln, Organisation zu entwickeln, Verfahren zu entwickeln, das ist unsere Aufgabe.

[LR] Jetzt sitzen hier ein Sicherheitspilot und ein Digitalisierungsexperte zusammen und sprechen über KI. Das sind zwei unterschiedliche Generationen, die sich hier begegnen. Was ist euer ganz persönliches Verständnis über die gegenwärtige Rolle von KI in der Luftfahrt, Christian?

[CM] Also ich glaube, neben dem Alltag, wo wir alle unsere Begegnungen mit KI schon haben, ist es für die Luftfahrt noch eine Reise, die sehr am Anfang steht. Wir sind dabei, unsere Grundlagen herzustellen, indem wir unsere Daten aufräumen. Wir sind dabei, die ersten Systeme wirklich auszurollen, seien es nur kleinere oder größere, das auch über die gesamte Lufthansa Gruppe hinweg. Und es ist ein großer Helfer für die Zukunft, womit wir dann unsere Prozesse [optimieren] und unseren Menschen, unseren Kolleginnen und Kollegen, helfen können, ihren Job, den sie heute schon tun, den Kunden, die Operation, den Flugbetrieb durchzuführen, noch ein bisschen besser zu machen und uns als Firma damit auch effizienter zu machen.

[LR] Du hast gesagt, ihr rollt Systeme aus. Vielleicht kannst du ein Beispiel dafür geben, was für Systeme das sind?

[CM] Das ist die ganze Bandbreite. Also fast alle unsere Prozesse, die heute physisch ablaufen, haben irgendeine Form von digitalem Abbild oder digitaler Unterstützung. Wir reden da über viel IT; und wir sind dabei, nach und nach eben jeden dieser Prozesse anzufassen und ein bisschen besser zu machen, ein bisschen intelligenter zu machen, [die] Menschen gerade [bei] Routinetätigkeiten, die jeden Tag immer wieder auftreten, zu unterstützen. Und in Zukunft wird dort eben KI ein weiteres Puzzleteil sein.

[LR] Und was wird dann genau gemacht? Das heißt zum Beispiel Gepäckplanung, wann welcher Flug geht, da gibt es dann Systeme, dann muss ich das nicht mehr einzeln alles berechnen, sondern das spuckt mir dann schon das System aus? Das gab es aber auch schon die letzten Jahre oder ist das ganz neu?

[CM] Es ist ganz unterschiedlich. Also grundsätzlich kommen wir aus einer Planwelt und haben dann eine Ist-Welt, und wir führen quasi eine dritte Welt ein und das ist die Welt der Vorhersage. Durch die Welt der Vorhersage kann ich viel besser den Plan schon adaptieren an: Was erwarte ich denn ganz konkret? Weil wir reden über Zeitabläufe, wir reden über Flugplan-Perioden, wir reden über Wochenpläne. Am Ende reden wir auch über Crew-Pläne, die dann für jeden Monat neu herausgegeben werden. Und durch diese dritte Dimension der Vorhersage, beispielsweise mit KI, mit Machine Learning, werden wir einfach viel genauer und können viel genauer planen und dann aber auch viel genauer steuern, jeden individuellen Passagierfluss zum Beispiel.

[LR] Klaus, was war aus deiner Sicht die größte Veränderung in den letzten zwei Jahren im Thema KI?

[KF] Ich gehe noch mal eine Frage zurück, als du gefragt hast: Sicht auf KI. Ich nehme vor allen Dingen wahr, dass wir nahezu kein einziges Meeting haben in diesem Gebäude, wo es nicht irgendwie auch mal um KI geht. Und mein Eindruck ist, dass wir da oft Dinge miteinander verwechseln. Also einfachste Computeranwendungen werden als KI bezeichnet. Das ist es, glaube ich, nicht. Ich glaube, die Herausforderung für ein Unternehmen – insbesondere wie unseres, wo es um riesige Datenmengen geht und unterschiedlichste Anwendungen –, ist zu differenzieren zwischen: KI, Automatisierung, Wissen zu implementieren, was ist ein Algorithmus, was ist aber auch Heuristik? Der wirklich fachmännische Sprech über KI, den müssen wir in unserem Unternehmen meines Erachtens nach noch ausbauen. Aber das ist auch verständlich, weil das ist eine neue Technologie, und die Industrie braucht Zeit, um damit arbeiten zu lernen.

[LR] Ein Beispiel für digitalisierte Prozesse sind Chatbots, die bei der Lufthansa schon seit bald einer Dekade in unterschiedlicher Ausprägung in der Kundenkommunikation eingesetzt werden, wie zum Beispiel der Lufthansa Facebook Chatbot. Hier ein Ausschnitt aus einem Video, das einige Funktionen des Chatbots erläutert.

[Male Voice] The chatbot currently offers the following functions: thanks to customizable push notifications, it can provide reminders for checking in and boarding and inform you of a seat or gate change or other important adjustments affecting your flight. Checking in online is also uncomplicated and fast. The Lufthansa chatbot can provide you with information on general or flight specific baggage rules, and you can start your trip relaxed and well informed. The chatbot responds to your requests immediately and always keeps you informed about the current status of your flight.

[LR] Einiges wird als KI bezeichnet. Sind Chatbots dann auch eine Form von KI oder wie siehst du das?

[KF] Ich glaube schon, dass es an der Stelle etwas mit KI zu tun hat, weil man dort auf der Basis von Mustern Lösungen entwickelt. Der Kunde hat ein Problem. Die KI oder der Computer erkennt, was das Problem des Kunden ist, weil er über ganz, ganz viele Beispiele gelernt hat, das Gesagte oder das Geschriebene zu interpretieren, und entwickelt daraus Lösungen, die nicht immer unbedingt die einzige mögliche Lösung sind, aber gute Lösungen sind. Und das ist etwas Lernendes. Und das ist etwas, was man als Charakteristikum der KI bezeichnen kann.

[LR] Haben diese Chatbots denn bislang gehalten, was ihr euch davon versprochen habt, Christian?

[CM] In ganz vielen Fällen definitiv ja. Es ist auch der Weg für uns hin zum Self Service für die Kunden. Das heißt, dass wir auch unsere Hotlines und Servicecenter damit entlasten. Das hat einen Vorteil in der Geschwindigkeit für den Kunden, wie schnell er dann auch Lösungen angeboten bekommt. Und die Herausforderung ist natürlich für uns das enorme Regelwerk, was es dort im Hintergrund gibt für Tarife. Es ist ja nicht nur ein Ticket, sondern da gibt es ja ganz viel noch, was an diesem Ticket dranhängt. Und das der KI beizubringen, welche Regeln gilt es dort zu beachten, und dann es eben mit der KI zu kombinieren, dass es über einen Chatbot über verschiedenste Kanäle dann auch zugänglich ist, das sind die kontinuierlichen Herausforderungen – gerade auch in Spitzenlasten in Irreg-Situationen [irregulären Situationen], wenn massiv Flüge gestrichen oder verspätet werden, dass dann die gewohnte Funktionalität für den Endkunden zur Verfügung steht. Irreg-Situationen sind jegliche Form von Einflüssen in den Flugbetrieb, wo massive oder große Anzahlen von Passagieren betroffen sind. Für uns ist eine Irreg nicht das Einzelflugereignis, was gecancelt oder verspätet wird – das mag es für den Passagier sein –, sondern wir reden dann wirklich von Großereignissen.

[LR] Ihr sprecht auch immer von Ops-D bei der Planung. Was ist das?

[KF] Ops-D-Experte ist der Christian.

[LR] Okay.

[CM] Ops-D steht für Operations Decisions, also die Entscheidungsfindung in den Verkehrszentralen, dort, wo unsere Kolleginnen und Kollegen den gesamten Betrieb 365 Tage im Jahr rund um die Uhr steuern. Und Ops-D hat eben zum Ziel, für diese verschiedenen Rollen und Prozesse, die dort stattfinden, die Entscheidungen, kleine und große – warte ich auf Passagiere oder lasse ich den Flug schon gehen und buche die Passagiere um, wenn ein Flieger wegen einem Technikereignis ausfällt, welchen Flieger streiche ich genau? –, für diese wiederkehrenden Entscheidungen viele Daten heran[zu]ziehen und den Kolleginnen und Kollegen intelligent auf[zu]bereiten, dass sie eine informiertere Entscheidung treffen können und damit die Qualität der Ops [Operations] steigern können.

[LR] Und das schlägt mir die KI vor? Die blinkt dann grün und sagt: Das ist der richtige Weg für heute?

[CM] Sie macht das nicht von alleine. Weil es ein Entscheidungs-Unterstützungssystem ist, muss der Mensch die KI fragen. Und dem Menschen obliegt nachher auch die Entscheidung, ob er das Ergebnis, den Vorschlag, noch mal verändert oder ob er es so implementiert. Die KI macht nie etwas von alleine. Es ist immer der Mensch, der ein Werkzeug an die Hand bekommt, um seine heutige Tätigkeit besser zu machen.

[KF] Aber es liegt in unserer Hand, Christian, am Ende zu entscheiden, ob die KI entscheidet oder ob die KI einen Vorschlag macht. Und ich glaube, unsere beider Einschätzung ist, dass wir im Moment in einer Phase sind – und ich sage voraus, noch für einige Jahre –, wo die KI Vorschläge macht, aber der Mensch am Ende entscheidet. Stimmst du zu?

[CM] Das ist definitiv so. Wenn du einige Jahre sagst, sage ich immer: größer fünf bis acht mindestens. Weil die Komplexität des Luftverkehrs einfach so enorm ist – wir haben damals über chaotische Systeme geredet –, wird es noch viele, viele Jahre dauern, bis dort wirklich eine höhere oder eine Vollautomatisierung auch nur zu erdenken ist.

[LR] Was sind denn die vielversprechendsten Vorteile für euch für einen KI-Einsatz im zukünftigen Boden- und Flugbetrieb?

[KF] Also ich nenne mal ein Beispiel aus meinem Verantwortungsbereich. Wir haben sehr, sehr große Datenmengen, die generiert werden durch die große Anzahl von Flügen, die wir machen. Auf jedem Flug zeichnen wir auf: Wie war die Flughöhe, wie war die Geschwindigkeit, wie war die Außentemperatur etc. etc.? Für jede einzelne Sekunde. Und dieses große Datenmeer, das analysieren wir in Bezug auf kritische Flugzustände. Die Definition, was ist ein kritischer Flugzustand, entspringt heute der Vorstellungskraft des Experten. Ob darüber hinaus in diesem großen Datenpool noch andere Muster erkennbar sind, die ein Hinweis sind auf kritische Flugzustände, das wissen wir heute nicht. Und darum glaube ich, dass in diesem Bereich durch Mustererkennung unser Wissen deutlich bereichert werden kann – ich will nicht sagen, automatisiert werden kann, aber bereichert werden kann.

[LR] Du hast gesprochen von Mustererkennung. Jetzt ist zum Beispiel, wenn das Wetter oder irgendwie der Flug fällt aus, irgendwas kommt dazwischen, Vulkanausbruch … das ist ja jetzt kein Muster. Was wäre denn so ein Muster, wo die KI wirklich was optimieren könnte?

[KF] Ein Muster könnte zum Beispiel sein eine bestimmte Geschwindigkeit im Zusammenhang mit einem bestimmten Setting der Landeklappen: Landeklappen ausgefahren oder nicht, Fahrwerk ausgefahren, ja oder nein, gibt der Pilot in dem Moment einen Steuerimpuls, und was zeigt der Geschwindigkeitsmesser an? Jetzt habe ich mir irgendetwas ausgedacht. Aber die Kombination dieser Flugparameter ergibt ein Bild. Und da glaube ich schon, dass die KI aus einer Kombination zum Beispiel dieser Input-Parameter, die ich genannt habe, Muster erkennen wird und wird können im Sinne von: Was passiert als Nächstes und ist das kritisch? Und das ist etwas, was der einzelne Mensch, der heute diese Zustände definiert, aus seiner Erfahrung heraus weiß. Die KI kann viel allgemeiner Muster erkennen. Ob das dann wahr ist oder nicht, muss am Ende durch einen Experten überprüft werden. Aber die Erkennungsvielfalt von dem, was kritisch sein könnte, [da] traue ich einer KI großes Potenzial zu.

[LR] Christian, was wären für dich Vorteile? Könnte man dadurch auch zum Beispiel Kerosin einsparen?

[CM] Das tun wir heute schon. Also bei der Flugwegeplanung, welchen Weg das Flugzeug fliegen wird, ist das schon seit vielen Jahren der Fall, dass man über die komplexen Strukturen des Luftverkehrssystems, der Flugsicherungssysteme in Europa, aber auch weltweit, Optimierungen dahin macht, nicht nur, was ist der kürzeste Weg, sondern häufig ist dann auch der kürzeste Weg unter Einbeziehung von Winden und Co. auch der effizienteste Weg. Heute gehen wir noch einen Schritt weiter, dass wir das nicht nur bei der Flugwegeplanung machen, sondern auch bei der Auswahl des Flugzeugs, welches spezifische Flugzeug an welchem Tag welche Rotationen fliegen soll, um dort auch eben den Nachhaltigkeitsaspekt noch zu berücksichtigen. Man kann das noch ins Extreme treiben und jeden Taxiweg, den ein Flugzeug nimmt auf dem Weg zur Rollbahn, noch optimieren.

[KF] Das sind ja typische Optimierungsaufgaben, die du schilderst – und correct me if I am wrong –, aber dafür ist KI bestens geeignet.

[CM] Dafür ist sie bestens geeignet, weil es einfach zu viele Rahmenparameter gibt, die man immer wieder miteinander in Beziehung setzen muss, wofür unser menschliches Gehirn per se dann nicht geeignet ist. Es sind die Auswirkungen, die möglichen Auswirkungen in verschiedenen Alternativen. Wir Menschen können aufgrund unseres organisatorischen Set-ups, das wir ja auch hier in der Verkehrszentrale haben, eine bestimmte Anzahl an Alternativen bewerten. Die KI ist in der Lage, Tausende, wenn nicht Hunderttausende Alternativen in wenigen Sekunden zu bewerten, weil das eine andere Form von Verarbeitung ist. Und da steckt eben die große Kraft dahinter zu schauen, okay, ich entscheide jetzt, was sind die Konsequenzen der Entscheidung, und auf Basis dieses Wissens kann ich bessere Entscheidungen treffen. Was auch immer besser ist: nachhaltiger, schneller, kundenfreundlicher. Da gibt es verschiedene Dimensionen.

[LR] Also Datenvolumina können viel schneller ausgewertet werden. Das waren jetzt viele Vorteile, die wir gehört haben. Was wäre denn aus eurer Sicht ein Nachteil beim Einsatz von KI?

[KF] Na, ich glaube, dass es ein Nachteil ist, dass die KI, solange sie jedenfalls – ich habe das eingangs gesagt – mit Heuristiken arbeitet, nicht zwangsläufig die allerbeste Lösung und die eindeutige Lösung auswirft, sondern eine gute Lösung, was oft von großem Nutzen ist. Es gibt aber Situationen, da brauchen wir wirklich die beste Lösung und nicht nur eine Lösung, die in einem von hundert Fällen die richtige ist. Im Sicherheitsmanagement der Airline reden wir von [einem] akzeptablen Sicherheitsniveau, wenn wir bei einer Wahrscheinlichkeit von eins zu zehn Millionen sind. Und das wird häufig durch Heuristiken nicht geleistet. Und darum muss man an der Stelle schauen: Wo können wir gut leben mit einer guten Lösung, aber nicht der einzig richtigen. Und wo können wir das nicht? Wo gibt es nur eine einzige richtige Lösung? Und das ist dann meistens nicht KI, sondern das ist etwas, was man, was wir im Bereich der Automatisierung sehen.

[LR] Welche Nachteile hat es aus deiner Sicht. Christian?

[CM] Ich tue mich sehr schwer mit dem Wort Nachteil in diesem Zusammenhang, weil ich sehr daran glaube, dass Technologie uns viel Gutes bringen wird. Was es bringen wird definitiv, ist Veränderung. Und das ist etwas, was uns Menschen naturgemäß schwerfällt. Das gilt im privaten wie im beruflichen Kontext. Aber bis es, wie wir eben schon gesagt haben … es ist ein sehr langer Weg, bis wir zu einer Vollautomatisierung jemals kommen, sondern KI und die Implementierung von KI – das ist auch kein Selbstverständnis –, da muss viel Energie und Arbeit reinfließen, bevor man KI nutzbar macht. Und es wird sehr lange ein unterstützendes Werkzeug bleiben.

[KF] Ein Nachteil fällt mir aber doch ein, dass man möglicherweise in die Falle geht, wenn ich das so ausdrücken darf, dass man den vorgeschlagenen Lösungen einer KI immer glaubt, ohne noch zu verstehen, was tut sie eigentlich. Solange sichergestellt ist, dass man Herr des Prozesses bleibt, auch wenn unsere kognitive Leistungsfähigkeit nicht folgen kann, müssen wir die Logik dessen, was die KI macht, verstehen. Sonst übernimmt sie die Führung und wir merken gar nicht, dass sie danebenliegt.

[CM] Das könnte ein Nachteil sein. Deswegen sind wir aber auch immer sehr bemüht, das ja intern zu halten, dieses Know-how, selber diese KI aufzubauen und zur Anwendung zu bringen. Das ist eine zusätzliche Herausforderung, dass man das nicht nur Externen überlässt. Aber natürlich muss man dort ein Auge darauf haben, was die KI genau tut.

[LR] In der Automobilbranche ist dann das letzte Ziel das vollautomatisierte Fahren ohne Fahrer. Klaus grinst jetzt schon, weil er die Frage kennt: Wie ist das jetzt für den Piloten? Gibt es da diese Planung, dass das Flugzeug irgendwann komplett alleine fliegt?

[KF] Also ich glaube, dass man, wenn du die Formulierung wählst, dass man sie mit Fug und Recht mit Nein beantworten kann – Planung. Es gibt vielleicht eine Vision, dass das irgendwann mal möglich ist.

[LR] Möglich wäre es.

[KF] Hmmm! Ist es auch machbar? Was die Industrie im Moment tatsächlich macht, ist, dass sie sehr intensiv darüber nachdenkt: Können wir zu Teilen im Reiseflug mit nur einem Piloten im Cockpit agieren, damit der andere sich ausruhen kann? Das, glaube ich, hat eine hohe Realisierungschance. Ich weiß übrigens von Airbus, dass dieses Konzept, was stark auch von den Airlines eingefordert wurde, ein ganz großer Technologietreiber ist. Dass wir gänzlich ohne Piloten fliegen, große Verkehrsflugzeuge über den Atlantik fliegen, das sehe ich im Moment nicht. Bei aller Vorsicht und nach meinem Wissen haben die Flugzeughersteller im Moment auch dieses Thema nach hinten geschoben, insbesondere auch, weil sich Fragen der Wirtschaftlichkeit stellen und vor allen Dingen aber auch Fragen stellen: Wie sicher kann ich eine Verbindung zwischen dem Boden und dem Flugzeug herstellen, was Datenverbindungen herstellt, sodass sie nicht manipulierbar sind, dass sie ausreichend sicher sind? Und ich sprach von den hohen Anforderungen, die wir an Sicherheit haben. Zehn hoch …

[LR] Und weil einer den Überblick über diese …

[KF] Und einer muss den Überblick … einer muss genau wissen, was wir machen. Also langer Rede kurzer Sinn: Das wirklich komplett automatische Fliegen ohne Piloten im großen Stil über lange Strecken sehe ich nicht, und ich glaube, da gibt es im Moment auch keine konkrete Planung. Mit einem Flugzeugführer im Reiseflug, weitere Unterstützung der Piloten durch Automatisierungsangebote in der Flugzeugtechnologie, das sehe ich sehr wohl.

[LR] Da läuft ja schon viel automatisch.

[KF] Es läuft sehr viel automatisch, und wir sprechen davon, dass der Pilot im Cockpit die Ebene der Automatisation verändern kann. Wir können zum Beispiel unter bestimmten Bedingungen automatisch landen. Ist übrigens mit das Anstrengendste für den Piloten, was es überhaupt gibt, weil er eine ganz wesentliche Überwachungsfunktion in diesem Kontext einnimmt. Und ohne etwas aktiv zu tun, etwas mit hoher Aufmerksamkeit zu beobachten, ist – klingt ein bisschen paradox –, ist aber sehr, sehr anstrengend. Darum landen die meisten Piloten auch lieber manuell. Es wird viel automatisch in einem Flugzeug organisiert, aber immer so – und beispielsweise ist das auch die Philosophie nicht nur von Airbus, sondern auch von Boeing –, dass die Automatisierung um den Piloten herum passiert. Der Pilot soll im Zentrum des Geschehens bleiben, soll Herrscher dessen bleiben, was passiert. Aber er soll bestmöglich unterstützt werden. Und das ist der Weg, den die Industrie im Moment geht.

[LR] KI im Flugzeug oder sogar im Cockpit, Fliegen mit nur einem Piloten oder ganz ohne – inwieweit ist das Zukunftsmusik und wo liegen die Chancen und Risiken? Das wollen wir von einem der größten Flugzeughersteller, nämlich von Airbus, wissen und haben mit Sabine Klauke, Chief Technology Officer im Vorstand von Airbus, in Hamburg gesprochen.

[VO] Die Zukunft der Luftfahrtbranche ist eng mit dem technologischen Fortschritt der Flugzeugbauer verknüpft. Welchen Weg die Industrie derzeit verfolgt, wird deutlich, wenn Sabine Klauke die Philosophie von Airbus beim Einsatz von KI und Automation erläutert:

[SK] Die Piloten und Pilotinnen sind nach wie vor – und werden es auch in Zukunft bleiben – das Herzstück. Das, was wir tun müssen, ist, ihnen Schritt für Schritt helfen, eben noch mehr in dieser Umwelt des Fliegens sich zurechtfinden zu können und da die beste und schnellste Unterstützung haben zu können.

[VO] Bei der Flugzeugentwicklung und beim Flugzeugbau selbst setzt Airbus schon lange auf moderne Technologien und Softwarelösungen, nutzt Hochleistungsrechner und Quantencomputing. Aber auch im Flugbetrieb nimmt das Zusammenspiel von Mensch und Maschine weiter zu. Doch wo zieht Airbus die Linie zwischen Pilotinnen und Piloten auf der einen Seite, automatisierter Technologie und intelligenter Software auf der anderen?

[SK] Für mich ist ganz wichtig: Es geht nicht um einen Trennstrich, sondern es geht um intelligente Verbindungslinien zwischen Mensch und Maschine. Und hier denke ich, Technologie und Software sind eben dazu da, die Besatzung zu entlasten. Pilot oder Pilotin, Crew insgesamt sind immer im Mittelpunkt des Geschehens und die letzte Instanz. Und Automatisierung kann hier die Besatzung unterstützen und auch von Routineaufgaben entlasten, weil sie manchmal dann zu schnelleren Reaktionen für den Menschen führt.

[VO] Automatisierte Technologie und KI setzt Airbus derzeit zum Beispiel in der Interaktion von Flugzeug und Rollfeld ein. Denn in der Luft, erklärt Chief Technology Officer Klauke, sind die Abläufe vergleichsweise übersichtlich. Am Boden, auf dem Rollfeld, sieht die Situation ganz anders aus.

[SK] Am Flughafen ist es viel komplexer, weil wir ja sehr viel unterschiedliche Teilnehmer dort haben: Busse, Tankwagen, Gepäckwagen, Feuerwehrautos und natürlich Flugzeuge. Und häufig ist es dann auch sehr unübersichtlich in der Sicht. Hier setzen Projekte wie Optimate an. Also wo wir ein zusätzliches Paar Augen und Ohren kreieren für die Piloten.

[VO] Der Weg vom Rollfeld zum Gate ist für die Cockpit-Crew oft unübersichtlich und herausfordernd. Optimate soll helfen, Flugzeuge in dieser sogenannten „Taxi-Phase“ künftig automatisiert von Gate zu Gate zu führen. Um die Technologie zu erproben, hat Airbus auf einem Testfeld am Standort Toulouse ein Cockpit auf vier Rädern installiert.

[SK] Wir haben hier zum Beispiel ein komplettes A350-Cockpit in einen Lastwagen eingebaut als Teststand, der also mit Sensorik ausgestattet ist, um einfach zu helfen wahrzunehmen, was am Flughafen passiert, und dann entsprechend Technik zu erproben, um die Piloten hier zu unterstützen. Dafür brauchen wir Geolocation, Lidars, Radar. All diese Daten werden dann in Data Fusion zusammengefasst und analysiert, um dann das Lagebild der Crew zu geben, mit dem sie umgehen kann.

[VO] Ein weiteres Beispiel für den Einsatz von intelligenter Software aus Sicht von Airbus ist 4D-TBO, ein internationales Kooperationsprojekt mit europäischen Partnern bei Flugsicherung, Airlines und Forschungseinrichtungen. Die Abkürzung steht für „Trajectory Based Operations in four Dimensions“. Bei der Technologie werden Flugbahndaten wie Breitengrad, Längengrad, Höhe und Zeit noch besser zwischen Flugzeug und Flugsicherung ausgetauscht und die Planung kontinuierlich angepasst. Ungenauigkeiten aktueller Vorhersagemodelle im Flugverkehr können so um 30 bis 40 Prozent reduziert und die Flugbahn eines Flugzeugs optimiert werden. Das hilft, Treibstoff zu sparen.

[SK] Ich vergleiche es immer mit der grünen Welle beim Autofahren. Wenn wir also Direct Ascent and Descent fliegen können, dann brauchen wir direktere Verbindung vom Flugzeug mit dem Boden, um Flugpläne genauer dann mitteilen zu können. Und solche Optimierungen, die helfen natürlich auch Emissionen zu reduzieren.

[VO] Ziel ist, den Luftverkehr von morgen deutlicher nachhaltiger zu gestalten und insbesondere Treibstoff einzusparen. Angesichts wachsender Fracht- und Passagierzahlen, eines immer dichter werdenden Luftverkehrs und des ökologischen Fußabdrucks der Luftfahrt haben Automation und KI aus Sicht von Airbus also großes Potenzial für eine nachhaltige Luftfahrt der Zukunft. Aber werden wir irgendwann das vollautomatisierte Cockpit haben und ohne Piloten fliegen? Es geht darum, Cockpit und Crews zu entlasten, sagt Sabine Klauke, nicht zu ersetzen.

[SK] Aus meiner Sicht ist in der Luftfahrt Sicherheit das Thema Nummer eins. Und da, wo Technologie helfen kann, die Sicherheit zu verbessern, sollten wir sie mit einbeziehen. Wenn automatisierte Technologien den Flugbetrieb und die Gesamtleistung von Flugzeugen verbessern können, dann müssen die Piloten weiter im Mittelpunkt stehen. Wir müssen ihnen all die Mittel zur Unterstützung geben, um hier möglichst sicher und robust in jeder Lage handeln zu können.

[LR] Klaus, wo ziehst du die rote Linie zwischen künstlicher Intelligenz und dem menschlichen Faktor im Cockpit?

[KF] Ich persönlich glaube daran, dass der Mensch immer noch besser als die künstliche Intelligenz im Moment in dem Bereich, für den ich das einschätzen kann, mit seiner Expertise, seiner Erfahrung und seiner Intuition in bestimmten Situationen der Automatisierung oder auch der künstlichen Intelligenz überlegen ist. Das Konzept, wie ich es eben dargestellt habe, maximale Unterstützung des Piloten in seiner Entscheidungskompetenz durch Vorschläge, auch durch eine KI vorgebracht, halte ich für das richtige Konzept.

[LR] Christian, was ist aus deiner Sicht so die größte Veränderung, die jetzt bevorsteht?

[CM] Die kulturelle Veränderung und die technologische Veränderung. Die kulturelle zuerst, weil jegliches Einführen von Technologie funktioniert nicht, wenn es danach nicht die Nutzer dafür gibt. Das heißt, wir müssen die Bereitschaft schaffen, vom Mitarbeitenden bis zur Führungsmannschaft, dass diese Veränderung ansteht und dass diese Veränderung begleitet werden muss. Und auf der technologischen Seite, dass wir uns sehr genau überlegen: An welcher Stelle fangen wir denn an? Wir können nicht alles parallel durch Digitalisierung mit KI verbessern, sondern wir müssen als Unternehmen sehr genau überlegen: Wir fangen dort an, wo es uns momentan am meisten hilft oder wo wir den größten Schmerz haben.

[LR] Was wäre der größte Schmerz?

[CM] Momentan ist es wahrscheinlich die Operations oder bzw. das Kontinuierliche, den Flugbetrieb regelmäßig und stabil zu halten, um als Premium Airline dem Anspruch gerecht zu werden, den wir unseren Passagieren verkaufen und was wir auch selber sein wollen. Und im zweiten Schritt die Arbeit am Passagier, dass der Passagier das Erlebnis hat, was er sich erhofft, was er einkauft, ob es nun auf seiner Businessreise oder auf seiner Privatreise ist, dort durchgängig über die gesamte Reise, seine Journey, entsprechend unterstützt zu werden, auch das Gefühl hat, hier wird sich gekümmert.

[KF] Christian, wir haben ja schon oft darüber gesprochen, dass die Schwierigkeit für die Airline und für das Airline Management auch darin besteht, zwei Dinge zusammenzubringen: Auf der einen Seite müssen wir uns im Bereich der IT – und hier reden wir jetzt gerade über KI – weiterentwickeln und auch mutig weiterentwickeln. Was die Akzeptanz bei den Mitarbeitern betrifft, haben wir natürlich die Herausforderung, dass die Mitarbeiter sagen: „Na ja, ihr kümmert euch um die KI. Besorgt doch erst mal genügend Treppen und Busse, dass der Betrieb draußen wirklich funktioniert!“ Und das ist ja auch nicht völlig verkehrt. Aber beides zu machen, also an den Basics zu arbeiten und auf der anderen Seite zukunftsfähig zu werden, weiterzudenken, dort zu lernen – und in fünf Jahren würden wir anders über KI sprechen, bin ich überzeugt davon –, dieses Lernen und diese Dualität des Tuns, das Handfeste auf der einen Seite, die KI auf der anderen Seite, das ist aus der Managementperspektive eine große Herausforderung, es den Mitarbeitern nahezubringen.

[CM] Es gibt den schönen Satz: Ohne Hardware bringt auch die beste Software nichts. In dem Fall ist Hardware nicht nur Treppen und Co., sondern halt auch Flugzeuge, aber auch Menschen. Weil bestimmte Dinge können wir halt nicht ohne Menschen. Und egal wie gut die Software ist, wenn das nicht stimmt, bringt es nichts.

[LR] Es muss trotzdem jemand da sein, dass man aussteigen kann.

[CM] Genau.

[LR] Künstliche Intelligenz entwickelt sich rasant. Aber wie wir gehört haben, hat die Luftfahrtindustrie in Sachen KI noch nicht den Königsweg gefunden. Warum es dennoch wichtig und legitim ist, sich als Airline mit dem Thema KI auseinanderzusetzen, erfahren wir in den kommenden Minuten von Jens Ritter, dem Vorstandsvorsitzenden der Lufthansa Airlines.

[JR] Das Potenzial von KI in der Luftfahrt, das ist immens. Jede Airline sitzt auf Billiarden von Daten, sei[en] es Kundendaten, sei[en] es Flugzeugdaten, Wartungsdaten. Und wie schaffen wir es, aus diesen Daten einen Mehrgewinn zu schaffen für unsere Kunden, für das Unternehmen, aber natürlich auch für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Ich glaube, in einigen Dingen sind wir schon gut. Wir haben eine unheimlich ausgeprägte Safety-Kultur und werten Daten aus, Flugdaten, um immer weiter unsere Sicherheit zu steigern, um unsere Prozesse zu verbessern, um Technologie zu verbessern. Also ich glaube, das Spielfeld von KI in einer Airline mit den ganz, ganz vielen unterschiedlichen Datenmengen, die wir haben, das ist unendlich. Und wir sind sehr, sehr froh, dass wir dort eine neue Technologie haben, die das Fliegen noch sicherer machen kann, die das Fliegen noch komfortabler machen kann und noch kundenorientierter machen kann und letztendlich dann auch für das Unternehmen noch profitabler machen kann.

[JR] Das Thema Sicherheit und KI: Die KI besitzt die Fähigkeiten, unterschiedliche Daten zu kombinieren, andere Szenarien noch mal zu entwickeln, ganz andere Abhängigkeiten noch mal aufzuarbeiten. Da kann man ganz andere Muster als in der Vergangenheit ableiten, was wieder dazu beiträgt, dass wir die Sicherheit stärken können, sei es in Verbesserung der Verfahren, der Procedures, der Technologie, aber auch der Zusammenarbeit von Menschen im Cockpit und der Kabine zu Ground Ops [Operations], zur Technik usw.

[JR] Wir haben auch bei Lufthansa unfassbar viele Daten, die wir unseren Piloten zur Verfügung stellen: Handbücher, Tausende von Seiten, in denen Informationen gespeichert sind, auf die der Pilot zugreifen kann. Diese Daten zu erfassen, von der KI auszuwerten und auf spezifische Fragestellungen für den Piloten einzugehen, um ihm dort die entsprechenden Grundlagen darzulegen, ist ein ganz, ganz großer Vorteil, den wir jetzt auch realisieren werden. Genauso auch für unsere Bodenmitarbeiter in der Technik, Verfahren für Flugzeugwartung, für Verbesserungen, auch Muster zu erkennen aus früheren Ereignissen, was ist in der Vergangenheit [gewesen], was hat sich bewährt, was nicht? Da kann die KI unser Mechaniker in einen unheimlichen Mehrwert schaffen. Unser ganzes Kundenbedürfnis: Was schätzen unsere Kunden, in welchen Situationen schätzen unsere Kunden welche Produkte, welche Zuwendung, welche Dinge brauchen sie nicht? Ich glaube, da gibt es ganz, ganz viele Bereiche, die wir [bei] uns jetzt auch noch weiterentwickeln. Aber ganz wesentlich ist sicherlich erst mal die Informationsaufbereitung.

[JR] Was der Mensch – wahrscheinlich für immer – [für] einen großen Vorteil gegenüber der KI hat, das ist die emotionale Intelligenz. Gefühle aufnehmen, Bedürfnisse aufnehmen, Menschen Sorgen anzusehen, Lachen, Weinen, viele andere Dinge – und das ist in einem Dienstleistungssektor unabdinglich. Wir sorgen uns um unsere Menschen. Wir wollen dort Gefühle vermitteln, und da hat die KI sicherlich (lacht) ihre Limitationen. Das Zweite ist es, wenn’s um Zukunftsszenarien geht, gerade wenn es [zu] Innovationen kommt, weil das Wort Innovation bedeutet ja, etwas Neues erfolgreich am Markt zu etablieren. Wenn es um Neuigkeiten geht, um Innovation, aber gerade auch die emotionale Intelligenz, die bei uns auch im Cockpit an jeder Schnittstelle, die wir dort haben im Unternehmen, da hat die KI ihre Limitation.

[JR] Also wird KI letztendlich zu vollautomatisierten Flügen führen? Das kann ich mir bis auf Weiteres nicht vorstellen. Ich bin der tiefsten Überzeugung, dass die KI uns unterstützen wird, Flüge sicherer durchzuführen, dass wir sehr viel effizienter fliegen können, dass wir sehr viel kundenorientierter Produkte anbieten können, noch komfortabler fliegen können. Das wird sicherlich die ganz große Stärke der KI werden. KI ist aktuell Stütze, aber nicht Entscheider.

[LR] Also es ist eher die Komplexität des Luftverkehrs, der Einsatz von KI und Automatisierung am Boden und im Flugbetrieb, weniger das ferne Ziel eines vollautomatisierten Fliegens. Was glaubt ihr denn, wie schnell die Entwicklung jetzt voranschreitet? Frage ich euch beide mal. Also wo sind wir in fünf Jahren? Was ist da eure Prognose?

[KF] Ich glaube, dass es schneller geht, als wir glauben, weil die Entwicklung keine lineare sein wird, sondern eine exponentielle Kurve beschreibt. Darum kommt es uns im Moment auch noch verhältnismäßig langsam vor. Aber ich glaube, dass die Entwicklungsgeschwindigkeit, die Geschwindigkeit der Akzeptanz und die Geschwindigkeit der Integration von KI in unsere Prozesse deutlich zunehmen wird in einem höheren Tempo, als wir das beispielsweise die letzten drei Jahre erlebt haben.

[LR] Christian nickt.

[CM] Man merkt es in der Breite, dass wir langsam an diesen Punkt kommen, wo die Kurve das tut, was Klaus gerade beschrieben hat, das exponentielle Wachstum. Jeder Mitarbeiter hat das ChatGPT mittlerweile auf dem Intranet verfügbar und kann dort probieren und sich damit vertraut machen: Was ist denn jetzt in diesem Bereich schon möglich oder wie kann es heute helfen? Wir haben die ersten Prototypen, die beim Erstellen von Briefen unterstützen, beim Powerpoint-Folienmalen. Die Bandbreite ist da, und ich glaube, das ist die Basis, um jetzt wirklich in diesen Moment zu kommen, dass das exponentielle Wachstum wirklich stattfinden kann.

[LR] Ja, herzlichen Dank euch beiden für den spannenden Blick in die Zukunft zum Thema KI. Toll, dass ihr da wart bei unserem Podcast Above and Beyond! Danke schön!

[CM] Vielen Dank!

[KF] Vielen Dank, Lisa!

[LR] Das waren fünf Folgen von Above and Beyond. Wir haben gesprochen über Diversität, über die Bedeutung von Status, darüber, wie eine Airline den Flugbetrieb organisiert, wie man nachhaltig und gleichzeitig profitabel fliegen kann. Und heute ging es darum, welche Bedeutung KI in der Luftfahrt hat und zukünftig haben wird. Danke an alle, die zugehört haben. Mir persönlich hat es extrem viel Spaß gemacht, und ich habe sehr, sehr viel Neues mitgenommen. Hinterlasst gerne eine Bewertung auf eurer Podcast-Plattform. Darüber würden wir uns sehr freuen. Und wir freuen uns auch über Feedback, Anregungen und Fragen – gerne über die Social-Media-Kanäle.

[VO] Das war: Above and Beyond – der Podcast der Lufthansa Airlines. Folgt doch unserem Instagram-Kanal lufthansaviews. Alle Links findet ihr wie immer in den Shownotes.

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